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Der verlorene Sohn - was soll uns jene Geschichte vermitteln?

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Beitrag von Adam Di 26 Jun - 18:45

hallo zusammen,

ich denke, wohl kaum eine Geschichte wird öfters in den Mund genommen, als jenes "Gleichnis" vom verlorenen Sohn. Darum hier zunächst einmal die entsprechende biblische Grundlage:

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn Lukas 15,11-32
11 Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne. 12 Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht! Da teilte der Vater das Vermögen unter sie auf. 13 Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. 14 Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er begann Not zu leiden. 15 Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. 16 Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon. 17 Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluss, ich aber komme hier vor Hunger um. 18 Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. 19 Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner! 20 Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von Weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. 21 Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.1 22 Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt einen Ring an seine Hand und gebt ihm Sandalen an die Füße! 23 Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. 24 Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein Fest zu feiern. 25 Sein älterer Sohn aber war auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz. 26 Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle. 27 Der Knecht antwortete ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederbekommen hat. 28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu. 29 Doch er erwiderte seinem Vater: Siehe, so viele Jahre schon diene ich dir und nie habe ich dein Gebot übertreten; mir aber hast du nie einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte. 30 Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet. 31 Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir und alles, was mein ist, ist auch dein. 32 Aber man muss doch ein Fest feiern und sich freuen; denn dieser, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.

Meine Frage nochmals, was genau soll uns jene Geschichte vermitteln?

Lieben Gruß
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Beitrag von Franz Di 26 Jun - 20:07

Hi Adam!

Das Gleichnis vom guten Vater ( vgl. Lk.15,11-32 )

Der jüngere Sohn

Ich bin ganz klein gemacht, die anderen schauen auf mich herab.
Sie klagen an: „Das mußte ja schiefgehen“
Recht geschieht dir.

Darauf sage ich: Ja, es tut weh, ganz klein gemacht.-
Aber verzeiht:
Ich bereue nicht, daß ich fortgezogen bin.
Es war mir zu eng.
Ich war frei, trunken vor Genuß.
Das alles bereue ich nicht.

Meine Sünde liegt woanders:
Ich hatte keine Ehrfurcht vor den abgeschundenen Händen meiner Eltern, ihr hartverdientes Brot verschleuderte ich.
Wie Mist !
Die Andacht vor der Liebe habe ich verloren.
Meine Sünde ist die Ehrfurchtslosigkeit.

Der ältere Bruder

Irgendwo habe ich ihn beneidet, diesen jungen Fratzen !
Er hat getan, was ich mich nie getraut hätte.
Noch mehr ärgert mich jetzt mein Vater.
Dieses Getue und Umhalsen!

Meine Sünde ist die Rechthaberei.
Ich anerkenne nur einen Weg als richtig.
Den meinen.
Ich wollte den Bruder nur noch schlechter hinstellen. Durch besonderen Eifer, durch Verläßlichkeit.
Liebe wollte ich verdienen.
Ich wollte mir nichts schenken lassen.
Gerechtigkeit soll sein !

Ich bekenne,
daß ich unbarmherzig bin !

Der Vater

Jahrelang habe ich gekämpft mit dieser Enttäuschung.
Mein Sohn, ein Versager !
Die Vorwürfe meiner Frau: „Du warst zu stur“!
Wir haben gestritten.
Ich bin nachdenklich geworden.
Gott sei Dank, ich habe mich geändert.
Bin bescheidener geworden.-
Wahrscheinlich konnte mein Sohn gar nicht früher zurück.
Ich war noch nicht soweit !
Und jetzt bin ich glücklich über seine Heimkehr.
Eines habe ich verstanden:
Was wir auf Erden einander verzeihen,
das ist auch bei Dir im Himmel verziehen...
Und noch viel mehr !
Du verzeihst auch mir !
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Beitrag von Adam Mi 27 Jun - 5:51

Danke Franz für die "zeitnahe" epochale Interpretation des Geschehens!

Ich möchte allerdings auch auf jene Interpretation von Uri eingehen, in ihrem Thread zur "Ersatztheologie", wo sie dieses Gleichnis mit eingebaut hat:

Uri schrieb:......

Als Jesus das Gleichnis „der verlorene Sohn“ erzählte, sprach Er die Juden, genau gesagt die Pharisäer und Schriftgelehrten an.
Ist es ein Zufall? Nein, denn Gott vergleicht die Beziehung zu Israel als Vater Sohn Verhältnis.
Als Israel jung war, liebte ich ihn, und aus Ägypten habe ich meinen Sohn berufen.
Hos 11,1

Zurück zu dem Verlorenen Sohn. Er wurde ungehorsam. Ging fort mit Vaters ausgezahltem Erbe, und verbaute sein eigenes Leben.

Was macht der Vater? Kündigt wegen Ungehorsam das Vater Sohn Verhältnis?  Nein! Unser Vater ist nicht so! Seine Liebe brannte weiter in Seinem Herzen, und wartete so geduldig auf Seinen ungehorsamen Sohn, bis er kam. Ja, Er ist zeitweise verloren gegangen, aber nie in Vaters Herz. Er freute sich, als nach langen Warten Seinen Sohn sah. Ein riesiges Fest hat Er ihm bereitet!

Es ist auch nicht ein Zufall, dass Jesus gerade dieses „Verlorenen Sohn-Vater“ Beispiel gebracht hat.

Zu den jüdischen Jüngern sagte Jesus:Denn des Menschen Sohn ist gekommen, das Verlorene zu retten.Matth 18,11

Das ist die unverdiente Gnade und Liebe Gottes.

Hat Vater Seinen verlorenen Sohn etwa durch einen anderen Sohn ersetzt? Nie! Aber er wartete, bis dieser von sich aus wieder den Weg nach Hause fand. Nichts konnte den Sohn von der Liebe des Vaters trennen.

.......

Es geht mir dabei eben auch um den blau untermalten Text. Wie muss man sich dieses "Nach Hause gehen" vor stellen. Ist das "Zuhause" in diesem Fall das geographische Israel? Geht es wirklich darum, dass der verlorene Sohn nach Israel zurück kehrt? Wohnt der Vater, der auf seinen Sohn wartet in Israel?
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Beitrag von Franz Mi 27 Jun - 6:40

Adam schrieb:Danke Franz für die "zeitnahe" epochale Interpretation des Geschehens!

Ich möchte allerdings auch auf jene Interpretation von Uri eingehen, in ihrem Thread zur "Ersatztheologie", wo sie dieses Gleichnis mit eingebaut hat:

Uri schrieb:......

Als Jesus das Gleichnis „der verlorene Sohn“ erzählte, sprach Er die Juden, genau gesagt die Pharisäer und Schriftgelehrten an.
Ist es ein Zufall? Nein, denn Gott vergleicht die Beziehung zu Israel als Vater Sohn Verhältnis.
Als Israel jung war, liebte ich ihn, und aus Ägypten habe ich meinen Sohn berufen.
Hos 11,1

Zurück zu dem Verlorenen Sohn. Er wurde ungehorsam. Ging fort mit Vaters ausgezahltem Erbe, und verbaute sein eigenes Leben.

Was macht der Vater? Kündigt wegen Ungehorsam das Vater Sohn Verhältnis?  Nein! Unser Vater ist nicht so! Seine Liebe brannte weiter in Seinem Herzen, und wartete so geduldig auf Seinen ungehorsamen Sohn, bis er kam. Ja, Er ist zeitweise verloren gegangen, aber nie in Vaters Herz. Er freute sich, als nach langen Warten Seinen Sohn sah. Ein riesiges Fest hat Er ihm bereitet!

Es ist auch nicht ein Zufall, dass Jesus gerade dieses „Verlorenen Sohn-Vater“ Beispiel gebracht hat.

Zu den jüdischen Jüngern sagte Jesus:Denn des Menschen Sohn ist gekommen, das Verlorene zu retten.Matth 18,11

Das ist die unverdiente Gnade und Liebe Gottes.

Hat Vater Seinen verlorenen Sohn etwa durch einen anderen Sohn ersetzt? Nie! Aber er wartete, bis dieser von sich aus wieder den Weg nach Hause fand. Nichts konnte den Sohn von der Liebe des Vaters trennen.

.......

Es geht mir dabei eben auch um den blau untermalten Text. Wie muss man sich dieses "Nach Hause gehen" vor stellen. Ist das "Zuhause" in diesem Fall das geographische Israel? Geht es wirklich darum, dass der verlorene Sohn nach Israel zurück kehrt? Wohnt der Vater, der auf seinen Sohn wartet in Israel?
Hi Adam!

Ad 1) das Zuhause = das himmlische Jerusalem
Ad 2) es geht um Umkehr (Tschuwa=Reue und Metanoia=Umkehr), also „Vertikalisierung
Ad 3) der Vater ist Gott, Seine Barmherzigkeit wird geoffenbart
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Beitrag von Padma Mi 27 Jun - 10:53

Adam schrieb:Wohnt der Vater, der auf seinen Sohn wartet in Israel?

Hallo Adam

Der Vater läuft dem Sohn entgegen.
Ist er nicht vielleicht längst schon auf dem Weg?

Jer 29,13 Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet,14 so will ich mich von euch finden lassen, spricht der HERR, und will eure Gefangenschaft wenden und euch sammeln aus allen Völkern und von allen Orten, wohin ich euch verstoßen habe, spricht der HERR, und will euch wieder an diesen Ort bringen, von wo ich euch habe wegführen lassen.

Jak 4,8 Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch.

Und die vielen anderen Stellen über Gottes Erwählung und Treue, die ich im Axt-Thread geschrieben habe.
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Beitrag von DenkTroll Mi 27 Jun - 13:42

Die Geschichte will uns erzählen, dass man als Vater alle seine Söhne lieben soll, ob sie tot waren (also vom Glauben abgefallen) oder nicht.
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Beitrag von Rolf Mi 27 Jun - 18:31

Ich erlaube mir, hier eine Predigt von mir zu dem Thema zu veröffentlichen:

Liebe Schwestern und Brüder,

ein alter Bauernhof, seit Jahrhunderten im Besitz der Familie und immer vom Vater auf den ältesten Sohn vererbt. Mit dem Hof zusammen wird alles Mögliche verererbt und weitergegeben: Erfahrungen, die Art, mit Menschen und Dingen umzugehen - nichts wegwerfen, bevor es nicht vollkommen unbrauchbar geworden ist, denn Neues zu beschaffen kostet Zeit und Geld. Vererbt wird auch die Art, mit Menschen umzugehen, denn die Menschen wurden auch vererbt. Nicht als Sklaven oder Leibeigene, als Knechte und Mägde vielmehr, deren Eltern und Großeltern auch schon auf dem Hof gearbeitet hatten, und nun arbeiten sie dort wie sie, und ihre Kinder werden dort arbeiten wie sie selbst.
Das Verhältnis zwischen dem Herrn und seinen Arbeitern ist gut und vertrauensvoll; sie haben ihn schon gekannt, als er noch ein Kind war, und seine Kinder kennen sie auch von klein auf. Es herrschen zwar patriarchalische Verhältnisse, aber die sind seit Jahrhunderten erprobt. Die Knechte und Mägde gehören zum Haus und leben und arbeiten unter den gleichen Bedingungen wie der Rest der Familie. Ja, sie gehören zur Familie, und sie sind nicht arm, weil sie an allem teilhaben, was die Hausgenossenschaft erwirtschaftet.
Hier wollen wir uns erinnern lassen, dass das alte lateinische Wort „familia“ nicht wie heute eine verandtschaftliche Beziegung beschreibt, sondern eine Hausgenossenschaft.

Aber da sind zwei Söhne, und nur der eine, der älteste, kann den Hof erben. Es hat alles beisammen zu bleiben, damit auch kommende Generationen eine ausreichende Lebensgrundlage finden und von dem leben können, was die Hausgemeinschaft erwirtschaftet.
Doch da gibt es ja die Möglichkeit, sich auszahlen zu lassen: Ein Drittel dessen, was der Hof als Gewinn und Vermögen abwirft, steht dem Jüngeren zu. Zwar steht auch daran noch dem Vazer das Nutzungsrecht zu , aber vielleicht verzichtet er ja. Und so kommt es dann in der Tat: Der Vater zahlt den Jüngeren aus. Diese Barschaft soll ihn instand setzen, sich im Ausland, in fernen Ländern eine Existenz auszubauen, denn das kleine Land Israel kann die Menge der Menschen nicht ernähren, die dort geboren werden.

So wird es immer gesagt und erzählt.
Aber wir müssen ein wenig tiefer blicken. Was eigentlich lockt den Sohn, den wir den „verlorenen“ zu nennen uns angewöhnt haben, was lockt ihn aus der patriarchalischen Geborgenheit in die Ferne und die Fremde? Ferne und Fremde sind für ihn ein anderes Wort für „Freiheit“. Frei möchte er sein, sein eigener Herr, niemandem Rechenschaft ablegen müssen oder - um es mit einem Begriff zu sagen, der heute so sehr beliebt ist - er möchte sich selbst verwirklichen.

Er ahnt es schon unbestimmt: Frei in der Fremde ist nur, wer Geld hat. Und so fordert er vom Vater „den Teil des Vermögens, der mir zusteht“. Er fordert das Erbteil vor dem Tod des Vaters. Das heißt: Er verlässt die Hausgenossenschaft. Er will nicht verreisen, nicht sich trennen auf Zeit, er will sich vom Vater und vom Vaterhaus für immer trennen.
Besitz, Verfügungsgewalt und Nutznießung des Grundbesitzes bleiben beim Vater. Auch für den Fall seines Todes hat der Vater ihn endgültig abgefunden. Der Sohn hat vom Vater nichts mehr zu erwarten. Auch dafür gibt es im alten römischen Recht einen Begriff: Man nannte das “Emanzipation“.

Der Vater entspricht dem Verlangen des Sohnes, er gibt ihm sein Erbteil.
Wir müssen nun ein wenig bei dem verharren, was in diesem Augenblick geschieht: Der Besitz im Beutel des verlorenen Sohnes gleicht jetzt nicht mehr dem Besitz des Vaters. Jetzt, wo er zur Münze, zu Geld, geworden ist, wird der Besitz zur Ware. Was alles zu dem Hof gehörte - Haus und Äcker, Scheunen, Stallungen und Weinberge - das diente der Hausgenossenschaft zum Lebensunterhalt, diente der Familie und den Knechten und Mägden als Grundlage der Existenz. Die Erzeugnisse dienten dem Verkauf an andere, die ebenfalls davon lebten.

In dem Augenblick aber, in dem Sohn seine Habe sammelt und über Land zieht, ist der Besitz anders geworden: Ohne Herkunft und ohne Verantwortung. Er trägt jetzt nur noch den Charakter des Habens. Das Geld hat sich von jeder Basis gelöst, auch von jeder geistigen Basis, die zur materiellen dazugehört. Es ist zur „Ware schlechthin“ geworden. Ware, die beliebig getauscht werden kann gegen andere Waren. Man kann es mitnehmen von einem Land ins andere, kann hier kaufen und dort verkaufen. Gewiss, diese Ware Geld bedeutet Freiheit. Aber diese Freiheit ist leer. Das erfahren wir im Lauf der Geschichte. Von nun an regiert Geld die Welt, und so viel Geld einer hat, so viel gehört ihm von der Welt. Geldhunger, das hat Jesus deutlich erkannt, ist Welt- und Lebenshunger. Dass Geld sich auf Welt reimt, hat einen tiefen Sinn. Was die Welt zu bieten hat, verspricht das Geld zu schenken.

Die Freiheit des Jüngeren ist leer, sagte ich. Sie hat keine Aufgabe und keine Funktion. Auch sein Geld hat keine Aufgabe und keine Verantwortung. Sein gesamtes aufgaben- und verantwortungsleeres Vermögen dient nur seinem Konsumhunger, dient nur dazu, „in Saus und Braus zu leben und es zu verschleudern“. Er macht alles, was die Fremde ihm zu bieten hat, zur Ware. Und in der Art seines Umgangs mit Dirnen und liederlichen Freunden macht er auch Menschen zur Ware. Alles ist käuflich.

Keine Zeit und keine Generation der Menschheit hat eine solche Ähnlichkeit mit dem Verhalten des „verlorenen“ Sohns wie die unsere. Die Rohstoffe, die die Erde in Millionen von Jahren gespeichert hat, „verzehrt“ sie in zwei oder drei Generationen ohne Rücksicht auf die Zukunft. Sie verbraucht die Luft, das Wasser, sie verwüüstet die Erde und verwandelt alles in Waren. Sie will Leben gewinnen und verliert es dabei. Sie will die ganze Welt gewinnen und nimmt Schaden an ihrer Seele. Dieser Generation liegt nichts daran, die Welt zu erkennen, über die Welt zu staunen, sie zu verherrlichen, zu loben, zu preisen oder gar, Gott in ihr zu erkennen. Es liegt ihr allein daran, sie sich einzuverleiben, sie zu fressen, zu verschlingen, zu verbrauchen, zu konsumieren.
Und wie der „verlorene“ Sohn macht sie die Menschen zu Waren, benutzt sie, reduziert sie auf ihr Eigenschaft als Produzenten oder Verbraucher von Waren und wirft sie weg. Whrend die Verfassungen versichern, die Würde des Menschen sei unantastbar, sind in der Wirklichkeit die Würde und die Ehre des Menschen vollkommen unwichtig. Sein einziger Wert ist sein wirtschaftlicher, seine Arbeitskraft oder seine Kaufkraft.

Der „verlorene“ Sohn kommt zur Besinnung. Als er so tief gefallen ist, dass er meint, tiefer gehe es nun wirklich nicht mehr, als sein Leidensdruck so groß geworden ist, dass er erkennt: Entweder kehre ich um oder ich sterbe, da macht er kehrt.
Er ist freilich immer noch dem verhaftet, wonach er bisher gelebt hat: Wenn ich meinem Vater etwas bieten kann, denkt er, und sei es meine Reue und meine Zerknirschung, und sei es meine Arbeitskraft als Tagelöhner, dann kann ich hoffen, dass er mich wieder annimmt.

Der Vater erkennt ihn von Weitem. Er läuft ihm entgegen - undenkbar für einen alten Orientalen! Er lässt den Sohn gar nicht zu Wort kommen, er umarmt ihn gleich, lässt ihn auch die vorbereitete Rede gar nicht zu Ende bringen, sondern ordnet gleich alles für ein Fest an.
Der Sohn war tot, weil er seine Eigenschaft als Sohn schuldhaft verwirkt hatte: Heimkehr ist für ihn zugleich Auferstehung , und so wird das Fest des Lebens gefeiert.

Amen

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Beitrag von Waldfee Mi 27 Jun - 19:21

Danke für die Predigt, Rolf. Interessanter Aspekt - Geld und Verantwortung - und wirklich sehr aktuell.

LG Waldfee

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Beitrag von feli Mi 27 Jun - 20:31

ja Rolf...vielen Dank!!
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Beitrag von KiKI Mi 27 Jun - 23:58

Hi Ihr Lieben,

die Geschichte hat keine Überschrift. Übersetzer haben sie "die Geschichte vom verlorenen Sohn" genannt. Also müssen wir noch einmal neu denken. Morgen mehr.

LG
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