Christsein Heute
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Franz‘ Kapelle

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Franz‘ Kapelle - Seite 92 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz So 21 Jul - 22:59

Thérèse von Lisieux:

Selbst die heiligste Liebe genügt noch nicht, um Gott zu lieben, wie Er verdient, geliebt zu werden. Das ist genau die Erfahrung der Heiligkeit. Der Mensch muss auch seine wesenhafte Schwachheit annehmen und zu hoffen lernen, dass Gott seiner Ohnmacht abhilft, indem Er sich selbst schenkt.
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Beitrag von Franz So 21 Jul - 22:59

Thérèse von Lisieux:

Diese Hoffnung bedeutet kein Stehenbleiben, sondern Wachstum! Die Hoffnung, das ist die Liebe, die zu blühen beginnt. Nicht mehr zu hoffen, würde bedeuten, dass man sie erstickt. Der heilige Johannes vom Kreuz sagt, daß die Liebe um des Viel-Geliebten willen auf alles verzichten kann außer auf die Sehnsucht, zu wachsen und den Viel-Geliebten zu besitzen und immer mehr zu lieben.
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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:00

Thérèse von Lisieux:

Die von Liebe glühende Seele kann es wegen ihrer größeren Gleichförmigkeit mit dem Geliebten nicht unterlassen, den Sold und Lohn für die Liebe zu fordern; um dieses Lohnes willen dient sie ja dem Geliebten. Würde sie anders handeln, so besäße sie ja keine wahre Liebe; denn der Sold und Lohn der Liebe ist nichts anderes als ein höheres Maß an Liebe, und die Seele kann auch nichts anderes verlangen als dieses, bis sie zur vollkommenen Liebe gelangt. ... Die Seele wartet nicht auf das Ende ihrer Mühe, sondern auf das Ende ihres Werkes; ihr Werk ist eben Lieben, und von dieser ihrer Liebe erwartet sie das Ende und den Abschluß, die Vollendung und Vollkommenheit in der Liebe zu Gott (Johannes vom Kreuz, Geistlicher Gesang, 9,7).

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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:00

Thérèse von Lisieux:

Die Hoffnung ist also kein Rückschritt von einer selbstlosen Schenkung zu einer Bitte um der eigenen Interessen willen. Ihr einziges Interesse ist es, selbstloser zu werden, um sich umso mehr verschenken zu können. Sie ist wie eine Pflanze, die aus der Erde der Liebe hervorsprießt und in sich die ganze Kraft dieser Erde der Liebe trägt. Von der Liebe, die sie hervorgebracht hat, ganz durchdrungen, ist sie der lebhafteste Ausdruck dieser Liebe, die sie zu einem möglichst hohen Grad emporbringen will. dass diese Erfahrung bei Thérèse ganz Liebe ist, wird auch in ihrer Terminologie klar: sie nennt den, von dem sie alles erhofft, "Vater", und sie selbst handelt Ihm gegenüber "wie ein Kind".
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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:00

Thérèse von Lisieux:

Oft verwendet Thérèse die Worte Hoffnung, Vertrauen und Hingabe, ohne zwischen ihnen einen großen Unterschied zu machen. Meistens spricht sie, wenn sie Hoffnung meint, von "Vertrauen". Dieses Wort drückt eine größere Innigkeit aus und eine größere Gewißheit, erhört zu werden. Thérèse vertraut sich der Treue Gottes an, gründet sich auf Seine Liebe, verpfändet sich für die "Menschenliebe" (Tit 3,4 Als aber die Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien) Gottes, wettet auf Seine Güte. Ihr Vertrauen ist bereits eine vorweggenommene Dankbarkeit und ein Lobgebet. Es beinhaltet auch die Aufmerksamkeit dem Nächsten gegenüber, den sie umso mehr lieben kann, je größer ihre Liebe wird. Das Vertrauen läßt Thérèse folgendermaßen beten: Ich erhoffe Dich von Dir selber, um Deinetwillen und um aller Menschen willen.
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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:01

Thérèse von Lisieux:

Ihr Vertrauen lebt sie nicht als eine absolute Sicherheit angesichts der Zukunft, mit all ihrem Leid und der Dunkelheit, das diese mit sich bringen kann. Gewiß vermittelt es ein "stolzes Bewußtsein" (Heb 3,6 Christus aber ist treu als Sohn, der über das Haus Gottes gesetzt ist; sein Haus aber sind wir, wenn wir an der Zuversicht und an dem stolzen Bewusstsein festhalten, das unsere Hoffnung uns verleiht. ), das allerdings ständig bewahrt werden muss, da wir noch nicht die vollkommene Erhörung erhalten haben. Das Vertrauen darf sich von unseren Anfällen von Trägheit und Unschlüssigkeit nicht unterkriegen lassen, die uns die Hoffnung jedesmal als eine Utopie darstellen wollen. Denn oft genug besteht ja das Vertrauen gerade darin, "gegen alle Hoffnung zu hoffen" (Röm 4,18 Gegen alle Hoffnung hat er ( Anm.: Abraham ) voll Hoffnung geglaubt, dass er der Vater vieler Völker werde, nach dem Wort: So zahlreich werden deine Nachkommen sein.). Positiv gesehen ist es die Quelle für ein dynamisches Leben, das uns aus uns selbst herausgehen läßt, die Grenzen der Gegenwart sprengt und uns der Zukunft öffnet. Das Vertrauen verlangt die Loslösung vom "in sich geschlossenen Heute" und den Verzicht auf uns selbst. Durch das Vertrauen können wir der neue Mensch werden, der wir gerne sein wollen, der aber mit dem alten Menschen kämpft, der wir noch sind und den wir nicht gern aufgeben wollen. Man hat Thérèse oft die "Heilige der Liebe" genannt. Vielleicht wäre es korrekter zu sagen: die Heilige der "Über-Liebe" - wenn es diesen Ausdruck gäbe -, das heißt der Hoffnung, die über eine - sicher großartige, aber dennoch begrenzte und vorläufige - Schenkung hinaus nach einer noch größeren, unendlichen, endgültigen Gabe strebt: diese Liebe, die allein Gott ihr schenken kann. Ihre Liebe weigert sich, das zu bleiben, was sie ist, und verlangt nach Gott, dem "noch nicht" ihres Wesens. Sie ist sich dessen bewußt, dass sie immer auf dem Weg ist, und überlegt, wie sie mehr "Liebe" werden könnte.
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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:02

Thérèse von Lisieux:

Das Vertrauen von Thérèse ist eine Synthese des ganzen theologalen Lebens: es entspringt dem Glauben an die Güte Gottes, fließt durch das Flußbett der Hoffnung und mündet in die Liebe, der sie sich immer inniger verbinden will. Der heilige Ambrosius sagt, dass es zwischen der Liebe und der Hoffnung einensacer circuitus, einen heiligen Kreislauf, gibt. Die Liebe bringt die Hoffnung mit sich. Die Hoffnung läßt mehr lieben. Eine glühendere Liebe führt zu einer neuen Hoffnung. Eine neue Hoffnung ist zugleich Ausdruck der Liebe und die Bitte, von neuem von Gott her bereichert zu werden. So schreitet man sein ganzes Leben lang von der Liebe zur Hoffnung und von der Hoffnung zur Liebe, wobei man immer neue Gipfel erklimmt - bis zu dem Tag der Vereinigung mit Gott in der klaren Schau des Himmels, nach einem langen "kleinen Weg".

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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:02

Thérèse von Lisieux:

Gott erhört uns schon in der Hoffnung selbst. Wenn ich die Augen zu Ihm erhebe, dann verstärkt sich in mir bereits das Bewußtsein Seiner wunderbaren Güte, und ich lerne, mich besser Seiner Ebene und Seinen Forderungen anzugleichen, deren Ziel es ist, mich besser zu machen. Sein Geist ist es, der am Werk ist, wenn Er mich ermuntert und mir Seine Kraft schenkt. Vielleicht wird es Jahre brauchen, bis man so nach und nach erkennt, dass sich etwas geändert hat ..., dieser stille Frieden, der uns geschenkt wird, der beinahe unermüdliche gute Wille, immer wieder neu zu beginnen, diese Freude, die wir darüber empfinden, dass Gott unser Vater ist, die Gewißheit, dass unsere Sünden und Fehler, wenn wir sie bekennen, nur ein Tropfen Wasser sind, der in das Becken der göttlichen Liebe fällt. Trotz seiner Armut - und gerade deswegen - ist der, welcher das Vertrauen nicht verliert, mehr "aus Gott". Und wenn nicht, dann wird er es zu Gottes Stunde sein... Es kann sein, dass Gott im Leben eines solchen Menschen ihm nach einer so langen Zeit der Hoffnung - wie bei Thérèse - "kleine Weihnachtsgnaden" gewährt.

Thérèse weiß allerdings, wie sehr sich das göttliche Leben unter der Oberfläche der Psyche und des Temperaments verbergen kann. Manche Menschen sind Gott viel näher, als ihre Unruhe und ihre Hemmungen es vermuten lassen.
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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:03

Thérèse von Lisieux:

Liebe oder Hoffnung: was hat das letzte Wort? Zufällig enden alle drei Manuskripte Thérèses mit dem Wort "Liebe"; zumindest können wir daraus schließen, dass Thérèse von dieser Idee beseelt war! Aber denkt sie daran im Sinn von Vollendung und von Verwirklichung? Oder von einem Ideal, also von der Hoffnung? Auf Erden kann das letzte Wort nur Hoffnung heißen. Denn die wahre Liebe führt von ihrem Wesen her dazu, dass wir uns nach mehr sehnen. Die Hoffnung, das ist die sehnsuchtsvolle Liebe. Sie ist die Liebe, die vom Dach ihres Hauses aus die flehenden Hände zum Himmel emporstreckt. Durch die Hoffnung geht die Liebe über sich selbst hinaus und wächst. In diesem Sinn nennt Thérèse ihren Weg einen Weg des "liebenden Vertrauens" (Brief 261): "Vertrauen" ist das Substantiv, das den Kern darstellt, "Liebe" das Adjektiv, das ihm die Farbe verleiht. Wenn man Thérèse fragt, worin jetzt genau ihr kleiner Weg besteht, so antwortet sie: Es ist der Weg des Vertrauens und der vollkommenen Hingabe (IGL 273).

In einem gewissen Sinn könnte man sagen, dass die Hoffnung nur das vorletzte Wort auf dieser Erde ist. Das letzte Wort wird uns von Jesus gesagt, wenn wir Ihm endgültig begegnen. Das allerletzte Wort auf Erden, die Antwort auf unsere Hoffnung, hat die Liebe, und sie ist auch das erste Wort, mit dem Gott uns im Himmel beschenken wird.

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Beitrag von Franz So 21 Jul - 23:05

Thérèse von Lisieux:

Die Brücke

Ein letztes Bild, das Thérèses Lehre erhellen kann, ist das von der Brücke.

Trotz all ihrer Liebe ist sich Thérèse dessen bewußt, daß sie noch nicht die Fülle der Liebe besitzt und dass sie sich vor einem "Abgrund" (C 271) befindet, den sie gerne ausfüllen möchte, um voll und ganz ihrem Viel-Geliebten entsprechen zu können.

Dieser Abgrund muss überwunden werden. Auf beiden Ufern stehen fest begründete Fundamente. Auf dem Ufer des Menschen, dieses begrenzten Wesens, ist der Pfeiler die Demut, die ihn seine Unvollkommenheit und Ohnmacht annehmen läßt. Auf dem Ufer des unendlichen Gottes ist der Pfeiler die Barmherzigkeit, an die der Mensch glaubt. Demut und Glaube an das göttliche Erbarmen sind die wesentlichen Bedingungen für die Hoffnung. Zwischen diese Pfeiler wird schließlich die Brücke des liebenden Vertrauens gespannt, die dem Menschen erlaubt, sich mit Gott zu verbinden. Oder genauer, Gott selbst ist es, der diese Brücke überquert, um dem Menschen zu begegnen, um ihn mit Seinen Gaben zu beschenken und ihn an das andere Ufer zu führen.

Könnte dieser Gott der Liebe nicht den Menschen erhören, der sich so sehnlich wünscht, mehr zu lieben? Thérèse erscheint dies möglich. Auf die Hoffnung läßt sich ja auch das anwenden, was sie bezüglich des Bittgebetes schreibt, das im Grunde die Sprache unserer Hoffnung ist.

Oh! das Gebet ist es, das Opfer, was meine ganze Stärke ausmacht, dies sind die unschlagbaren Waffen, die Jesus mir gegeben hat (C 253).

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