Franz‘ Kapelle
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Re: Franz‘ Kapelle
Man muss einwilligen, immer arm und kraftlos zu bleiben, und das ist schwer... (Brief 197).
Denn der Arme im Geist, wie Thérèse ihn sieht, befaßt sich nicht ängstlich mit dem Ergebnis seiner geistlichen Mühen. Er zählt nicht auf seinen Erfolg. Er will nicht alles sehen und alles verstehen. Er lebt aus dem Glauben und aus dem Vertrauen. Seine Liebe besteht darin, sich ganz auf Gott zu verlassen. Er fragt sich nicht voll Ungeduld, ob er bereits viele Fortschritte gemacht hat.
Denn der Arme im Geist, wie Thérèse ihn sieht, befaßt sich nicht ängstlich mit dem Ergebnis seiner geistlichen Mühen. Er zählt nicht auf seinen Erfolg. Er will nicht alles sehen und alles verstehen. Er lebt aus dem Glauben und aus dem Vertrauen. Seine Liebe besteht darin, sich ganz auf Gott zu verlassen. Er fragt sich nicht voll Ungeduld, ob er bereits viele Fortschritte gemacht hat.
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Re: Franz‘ Kapelle
Thérèse will sogar auf all ihre Verdienste verzichten. Man könnte sagen, dass sie darin eine Gefahr sieht, selbstgenügsam zu werden, einen Titel zu erlangen, der einem gestattet, sich vor Gott zu rühmen. Alles, was den moralischen Anschein hat, nach Belohnung und Berechnung zu riechen, ist ihr völlig fremd geworden. Sie will ihre vollkommene Abhängigkeit von der reinen Barmherzigkeit Gottes durch nichts geschmälert sehen; und das ist es schließlich, was ihr das größte Verdienst einbringt! Sie lebt von der Hand Gottes und ist in ihrer Ganzhingabe offen für alles, was Er von ihr verlangt, und alles, was Er ihr schenken will, und sei es durch das Leiden hindurch. Ihre Hingabe ist ein vom Vertrauen getragener Akt: ein Zustand des sich Gebens in die Hände des Viel-Geliebten, auf den sie hofft und von dem sie die erbarmende Hilfe erwartet.
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Re: Franz‘ Kapelle
Letztendlich wird das, was bei Thérèse paradox ist, nicht aus der Welt geschafft.
Dieses Paradoxon ist der Liebe Gottes und Thérèses eigen, da beide versuchen, dem anderen in allem den Vorrang zu lassen. Es gibt zwei Pole: sich bemühen zu handeln, als ob alles von dir abhinge (und du vermagst viel); und vor Gott eine Haltung einnehmen, als ob alles von Ihm abhinge (und schließlich kommt ja auch alles von Ihm). Thérèses Lehre ist eine Harmonie, die keinen der beiden Pole vernachlässigt, sondern sie in einer höheren Synthese miteinander vereint. Sein Bestes tun und Gott das übrige machen lassen ... Gott tut Sein Bestes, mach du das übrige ....
Dieses Paradoxon ist der Liebe Gottes und Thérèses eigen, da beide versuchen, dem anderen in allem den Vorrang zu lassen. Es gibt zwei Pole: sich bemühen zu handeln, als ob alles von dir abhinge (und du vermagst viel); und vor Gott eine Haltung einnehmen, als ob alles von Ihm abhinge (und schließlich kommt ja auch alles von Ihm). Thérèses Lehre ist eine Harmonie, die keinen der beiden Pole vernachlässigt, sondern sie in einer höheren Synthese miteinander vereint. Sein Bestes tun und Gott das übrige machen lassen ... Gott tut Sein Bestes, mach du das übrige ....
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Re: Franz‘ Kapelle
Man muss alles tun, was man vermag, geben ohne zu zählen, sich ständig abtöten, mit einem Wort, durch alle guten Werke, deren man fähig ist, seine Liebe beweisen. Doch da in Wahrheit all dies nur geringfügig ist ... ist es notwendig, dass wir - nachdem wir alles getan haben, was wir glaubten, tun zu müssen - bekennen, daß wir "unnütze Knechte" (Lk 17,10 So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Sklaven; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan. ) sind, und dass wir dennoch hoffen, der liebe Gott werde uns aus Gnade schenken, was wir ersehnen (MST 62).
Therese von Lisieux
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Re: Franz‘ Kapelle
Thérèse will in keiner Weise mehr reich sein!
Auch wenn ich alle Werke des heiligen Paulus vollbracht hätte, würde ich mich immer noch als "unnützer Knecht" fühlen, aber gerade das macht meine Freude aus, denn wenn ich nichts habe, werde ich alles vom lieben Gott empfangen (IGL 71).
Auch wenn ich alle Werke des heiligen Paulus vollbracht hätte, würde ich mich immer noch als "unnützer Knecht" fühlen, aber gerade das macht meine Freude aus, denn wenn ich nichts habe, werde ich alles vom lieben Gott empfangen (IGL 71).
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Re: Franz‘ Kapelle
In dieser Spannung zwischen Aktivität und Hingabe neigt ihr Herz eindeutig zur Hingabe, darin liegt ihr Charisma und das Geheimnis der Ermutigung, die von ihrer Person ausgeht! Der allerletzte Satz ihrer Autobiographie - zufällig der letzte Satz, denn Thérèse konnte in ihrer Krankheit nicht mehr weiterschreiben - zeigt, wie ihr Vertrauen sich nicht mehr auf ihre eigene Tugend stützt, sondern auf die Güte Gottes: Nicht deshalb, weil Gott in Seiner zuvorkommenden Barmherzigkeit meine Seele vor der Todsünde bewahrt hat, erhebe ich mich zu Ihm im Vertrauen und in der Liebe (C 275).
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Re: Franz‘ Kapelle
Mit Nachdruck bittet Thérèse ihre Schwester Agnès, folgenden Gedanken hinzuzufügen: Machen Sie es klar, dass mein Vertrauen genauso groß wäre, wenn ich auch alle nur möglichen Verbrechen begangen hätte. Ich fühle es, diese Masse von Sünden wäre wie ein Wassertropfen, den man auf glühende Kohlen fallen läßt (IGL 95).
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Re: Franz‘ Kapelle
Man hat Thérèse eine Definition von Heiligkeit zugeschrieben, die sehr bekannt ist.
Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Agnès sie in den Mund der jungen Heiligen gelegt, aber sie ist dennoch von ihrem Gehalt her ganz theresianisch: Die Heiligkeit liegt nicht in dieser oder jener Übung, sie besteht in einer Verfassung des Herzens, die uns demütig und klein in den Armen Gottes macht, im Bewußtsein unserer Schwachheiten und mit einem kühnen Vertrauen in Seine Vatergüte (Letzte Worte).
Aller Wahrscheinlichkeit nach hat Agnès sie in den Mund der jungen Heiligen gelegt, aber sie ist dennoch von ihrem Gehalt her ganz theresianisch: Die Heiligkeit liegt nicht in dieser oder jener Übung, sie besteht in einer Verfassung des Herzens, die uns demütig und klein in den Armen Gottes macht, im Bewußtsein unserer Schwachheiten und mit einem kühnen Vertrauen in Seine Vatergüte (Letzte Worte).
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Re: Franz‘ Kapelle
Der Weg Thérèses hat eine bemerkenswerte Entwicklung erfahren.
Um es mit einem Bild zu sagen: zunächst versuchte ihre Hand, etwas zu ergreifen, an sich zu nehmen, es mit den Fingern umklammert zu halten, mit der Handfläche nach unten. Nach und nach vollzog sich die Umkehr. Die Finger entspannen sich und lassen los, die Hand dreht sich, bis die Handfläche nach oben weist, bereit hinzugeben und - umgekehrt - auch viel zu empfangen. Dafür brauchte es fast ein ganzes Leben. Es geschah nicht im Handumdrehen!
Um es mit einem Bild zu sagen: zunächst versuchte ihre Hand, etwas zu ergreifen, an sich zu nehmen, es mit den Fingern umklammert zu halten, mit der Handfläche nach unten. Nach und nach vollzog sich die Umkehr. Die Finger entspannen sich und lassen los, die Hand dreht sich, bis die Handfläche nach oben weist, bereit hinzugeben und - umgekehrt - auch viel zu empfangen. Dafür brauchte es fast ein ganzes Leben. Es geschah nicht im Handumdrehen!
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Re: Franz‘ Kapelle
Im Herzen des Christentums
Die junge Karmelitin hat in ihren Schriften sehr tiefe theologische Einsichten über die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen zum Ausdruck gebracht. Sie hat sie nicht beim Studium gewonnen, sondern sie ganz persönlich entdeckt, während ihres langen inneren Wachstums, im Licht des Geistes Gottes, dem sie sich mit einem außerordentlich feinen Gespür hingegeben hat.
Beinahe unbewußt hat sie, weil sie aus einer klaren Erkenntnis heraus und als in die Gemeinschaft der Kirche Berufene lebte, das Herz der christlichen Botschaft und das zentrale Problem der Theologie des hl. Paulus getroffen.
Therese von Lisieux
Die junge Karmelitin hat in ihren Schriften sehr tiefe theologische Einsichten über die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen zum Ausdruck gebracht. Sie hat sie nicht beim Studium gewonnen, sondern sie ganz persönlich entdeckt, während ihres langen inneren Wachstums, im Licht des Geistes Gottes, dem sie sich mit einem außerordentlich feinen Gespür hingegeben hat.
Beinahe unbewußt hat sie, weil sie aus einer klaren Erkenntnis heraus und als in die Gemeinschaft der Kirche Berufene lebte, das Herz der christlichen Botschaft und das zentrale Problem der Theologie des hl. Paulus getroffen.
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