Christsein Heute
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Franz‘ Kapelle

Seite 83 von 100 Zurück  1 ... 43 ... 82, 83, 84 ... 91 ... 100  Weiter

Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:20

Johannes: ,,Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude wird niemand von euch nehmen’’ (Joh 16, 22). In dieser Richtung müssen wir denken, wenn wir verstehen wollen, worauf die christliche Hoffnung zielt; was wir vom Glauben erwarten, von unserem Mitsein mit Christus
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:21

Augustins Brief an Proba, in dem er dies unbekannt Bekannte, das wir suchen, nun doch ein wenig zu umschreiben versucht. Sein Stichwort dafür hatte zunächst einfach gelautet ,,seliges (glückliches) Leben’’. Nun zitiert er Psalm 144 [143], 15: ,,Selig ist das Volk, dessen Gott der Herr ist.’’ Und er fährt fort: ,,Damit wir zu diesem Volk gehören und [...] zum immerwährenden Leben mit Gott kommen können, darum ist das Ziel der Gebote ,Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben’ (1 Tim 1, 5)’’.11 Dieses wirkliche Leben, auf das wir immer irgendwie auszugreifen versuchen, ist an das Mitsein mit einem ,,Volk’’ gebunden und kann nur in diesem Wir für jeden einzelnen Ereignis werden. Es setzt gerade den Exodus aus dem Gefängnis des eigenen Ich voraus, weil nur in der Offenheit dieses universalen Subjekts sich auch der Blick auf den Quell der Freude, auf die Liebe selbst – auf Gott – eröffnet.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:22

Bernhard von Clairvaux, der mit seinem Reformorden Scharen junger Menschen den Klöstern zugeführt hat, sah dies ganz anders. Für ihn haben die Mönche eine Aufgabe für die ganze Kirche und so auch für die Welt. Er hat in vielen Bildern die Verantwortung der Mönche für den ganzen Organismus der Kirche, ja, für die Menschheit herausgestellt; auf sie wendet er das Wort des Pseudo-Rufinus an: ,,Das Menschengeschlecht lebt von wenigen, denn würde es diese nicht geben, würde alle Welt zugrunde gehen...’’. Die Beschaulichen – contemplantes – müssen Landarbeiter – laborantes – werden, so sagt er uns. Der Adel der Arbeit, den das Christentum vom Judentum geerbt hat, war schon in den Ordensregeln Augustins und Benedikts hervorgetreten. Bernhard greift das von neuem auf. Die jungen Adeligen, die zu seinen Klöstern strömten, mußten sich zur Handarbeit bequemen. Bernhard sagt zwar ausdrücklich, daß auch das Kloster das Paradies nicht wiederherstellen könne, aber es müsse doch als eine Rodungsstätte praktischer und geistlicher Art das neue Paradies vorbereiten. Wildes Waldland wird fruchtbar – gerade da, wo zugleich die Bäume des Hochmuts gefällt, der Wildwuchs der Seelen gerodet und so das Erdreich bereitet wird, auf dem Brot für Leib und Seele gedeihen kann.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:23

Das ,,Reich Gottes’’, von dem Jesus gesprochen hatte, hat hier eine neue Definition und auch eine neue Gegenwärtigkeit erhalten; es gibt sozusagen eine neue ,,Nah- erwartung’’: Das ,,Reich Gottes’’ kommt da, wo der ,,Kirchenglaube’’ überwunden und durch den ,,Religionsglauben’’, das heißt durch den bloßen Vernunftglauben abgelöst wird. 1795, in der Schrift über ,,Das Ende aller Dinge’’, erscheint ein verändertes Bild. Kant erwägt nun die Möglichkeit, daß neben dem natürlichen auch ein widernatürliches, ein verkehrtes Ende aller Dinge eintreten könne. Darüber schreibt er: ,,Sollte es mit dem Christentum einmal dahin kommen, daß es aufhörte, liebenswürdig zu sein [...]: so müßte [...] eine Abneigung und Widersetzlichkeit gegen dasselbe die herrschende Denkart der Menschen werden; und der Antichrist [...] würde sein (vermutlich auf Furcht und Eigennutz gegründetes) obzwar kurzes Regiment anfangen: alsdann aber, weil das Christentum allgemeine Weltreligion zu sein zwar bestimmt, aber es zu werden von dem Schicksal nicht begünstigt sein würde, das (verkehrte) Ende aller Dinge in moralischer Rücksicht eintreten’’.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:24

Vernunft ist die große Gottesgabe an den Menschen, und der Sieg der Vernunft über die Unvernunft ist auch ein Ziel des christlichen Glaubens. Aber wann herrscht die Vernunft wirklich? Wenn sie sich von Gott gelöst hat? Wenn sie für Gott blind geworden ist? Ist die Vernunft des Könnens und des Machens schon die ganze Vernunft? Wenn der Fortschritt, um Fortschritt zu sein, des moralischen Wachsens der Menschheit bedarf, dann muß die Vernunft des Könnens und des Machens ebenso dringend durch die Öffnung der Vernunft für die rettenden Kräfte des Glaubens, für die Unterscheidung von Gut und Böse ergänzt werden. Nur so wird sie wahrhaft menschliche Vernunft. Sie wird menschlich nur, wenn sie dem Willen den Weg zeigen kann, und das kann sie bloß, wenn sie über sich hinaussieht. Sonst wird die Lage des Menschen im Ungleichgewicht zwischen materiellem Vermögen und Urteilslosigkeit des Herzens zur Bedrohung für ihn und die Schöpfung.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:25

Thema ,,Freiheit’’ daran zu erinnern, daß menschliche Freiheit immer ein Miteinander von Freiheiten verlangt. Dieses Miteinander aber kann nicht gelingen, wenn es nicht von einem gemeinsamen inneren Maß bestimmt wird, das Grund und Ziel unserer Freiheit ist. Sagen wir es jetzt ganz einfach: Der Mensch braucht Gott, sonst ist er hoffnungslos. Diese eingangs zitierte Aussage des heiligen Paulus (vgl. Eph 2, 12) erweist sich vom Verlauf der Neuzeit her als ganz realistisch und schlichtweg als wahr. Deshalb gilt, daß ein ohne Gott realisiertes ,,Reich Gottes’’ – also ein Reich des Menschen allein – unausweichlich mit dem von Kant beschriebenen ,,verkehrten Ende’’ aller Dinge ausgeht: Wir haben es gesehen und sehen es immer wieder. Aber es gilt auch, daß Gott erst dann wirklich in die menschlichen Dinge eintritt, wenn er nicht nur von uns gedacht wird, sondern wenn er selbst auf uns zugeht und zu uns spricht. Darum braucht die Vernunft den Glauben, um ganz zu sich selbst zu kommen: Vernunft und Glaube brauchen sich gegenseitig, um ihr wahres Wesen und ihre Sendung zu erfüllen.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:26

Der rechte Zustand der menschlichen Dinge, das Gutsein der Welt, kann nie einfach durch Strukturen allein gewährleistet werden, wie gut sie auch sein mögen. Solche Strukturen sind nicht nur wichtig, sondern notwendig, aber sie können und dürfen die Freiheit des Menschen nicht außer Kraft setzen. Auch die besten Strukturen funktionieren nur, wenn in einer Gemeinschaft Überzeugungen lebendig sind, die die Menschen zu einer freien Zustimmung zur gemeinschaftlichen Ordnung motivieren können. Freiheit braucht Überzeugung; Überzeugung ist nicht von selbst da, sondern muß immer wieder neu gemeinschaftlich errungen werden.

Benedikt XVI.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:26

Weil der Mensch immer frei bleibt und weil seine Freiheit immer auch brüchig ist, wird es nie das endgültig eingerichtete Reich des Guten in dieser Welt geben. Wer die definitiv für immer bleibende bessere Welt verheißt, macht eine falsche Verheißung; er sieht an der menschlichen Freiheit vorbei. Die Freiheit muß immer neu für das Gute gewonnen werden. Die freie Zustimmung zum Guten ist nie einfach von selber da. Gäbe es Strukturen, die unwiderruflich eine bestimmte – gute – Weltverfassung herstellen, so wäre die Freiheit des Menschen negiert, und darum wären dies letztlich auch keine guten Strukturen.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:29

Erlöst wird der Mensch durch die Liebe.

Das gilt zunächst im rein innerweltlichen Bereich. Wenn jemand in seinem Leben die große Liebe erfährt, ist dies ein Augenblick der ,,Erlösung’’, die seinem Leben einen neuen Sinn gibt. Aber er wird bald auch erkennen, daß die ihm geschenkte Liebe allein die Frage seines Lebens nicht löst. Sie bleibt angefochten. Sie kann durch den Tod zerstört werden. Er braucht die unbedingte Liebe. Er braucht jene Gewißheit, die ihn sagen läßt: ,,Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn’’ (Röm 8, 38-39). Wenn es diese unbedingte Liebe gibt mit ihrer unbedingten Gewißheit, dann – erst dann – ist der Mensch ,,erlöst’’, was immer ihm auch im einzelnen zustoßen mag. Das ist gemeint, wenn wir sagen: Jesus Christus hat uns ,,erlöst’’. Durch ihn sind wir Gottes gewiß geworden – eines Gottes, der nicht eine ferne ,,Erstursache’’ der Welt darstellt, denn sein eingeborener Sohn ist Mensch geworden, und von ihm kann jeder sagen: ,,Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat’’ (Gal 2, 20).
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Franz‘ Kapelle - Seite 83 Empty Re: Franz‘ Kapelle

Beitrag von Franz Mo 8 Jul - 21:30

Gott, der uns ,,bis ans Ende’’, ,,bis zur Vollendung’’ (vgl. Joh 13, 1 und 19, 30) geliebt hat und liebt.

Wer von der Liebe berührt wird, fängt an zu ahnen, was dies eigentlich wäre: ,,Leben’’. Er fängt an zu ahnen, was mit dem Hoffnungswort gemeint ist, das uns im Taufritus begegnete: Vom Glauben erwarte ich das ,,ewige Leben’’ – das wirkliche Leben, das ganz und unbedroht, in seiner ganzen Fülle einfach Leben ist. Jesus, der von sich gesagt hat, er sei gekommen, damit wir das Leben haben und es in Fülle, im Überfluß, haben (vgl. Joh 10, 10), hat uns auch gedeutet, was dies heißt – ,,Leben’’: ,,Das ist das ewige Leben: dich erkennen, den einzigen wahren Gott und den du gesandt hast, Jesus Christus’’ (Joh 17, 3). Leben im wahren Sinn hat man nicht in sich allein und nicht aus sich allein: Es ist eine Beziehung. Und das Leben in seiner Ganzheit ist Beziehung zu dem, der die Quelle des Lebens ist. Wenn wir mit dem in Beziehung sind, der nicht stirbt, der das Leben selber ist und die Liebe selber, dann sind wir im Leben. Dann ,,leben’’ wir.
Franz
Franz
Giga User
Giga User

Anzahl der Beiträge : 20600
Anmeldedatum : 22.05.18
Alter : 69
Ort : Freistadt

Nach oben Nach unten

Seite 83 von 100 Zurück  1 ... 43 ... 82, 83, 84 ... 91 ... 100  Weiter

Nach oben

- Ähnliche Themen

 
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten